Vinyl-Boom: 15% + und 6,5 % MA

11/02/2021
von Till Philippi

Die Marktzahlen für das Jahr 2020 weisen für die althergebrachte Schallplatte so gute Zahlen aus, dass man mit Fug und Recht von einer Vinyl-Renaissance in Österreich sprechen kann.

Siegfried Wacker (Head of Sales/A&R. Development Österreich GoodToGo GmbH), Nikolaus Kühböck (Wienyl) und Till Philippi (Vinyl & Musicfestival) erläutern im Film, Sound & Media-Interview die aktuelle Schallplatten-Situation in Österreich.


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Die Zahlen der letzten Monate sprechen eine eindeutige Sprache: Die Renaissance des Vinyl ist nach wie vor ungebrochen. Wie beurteilen Sie aktuell den Vinylmarkt in Österreich?


SIEGFRIED WACKER: Ja das stimmt, mit 15 % plus und 6,5 % Marktanteil, erstmalig mehr als der Down- loadanteil, kann man das wirklich sagen. Die Gründe sind vielfältig: es wurde der Recordstoreday in den Herbst mit drei Samstag- Terminen verschoben, dann hatten wir einen starken Black Friday Online. Noch dazu hatten wir auch ein sehr starkes Album mit AC /DC „Power Up“ im Neuhei- ten Vinyl Bereich. Jedoch im Rahmen der Pandemie kämpfen wir eigentlich seit März letzten Jahres mit den schwierigen Rahmenbe- dingungen, strenge Lock- downs wie auch verunsicherte Kunden und Shops, dann Click & Collect Betreuung, also wenn man die ganzen Maßnahmen über das Jahr 2020 analysiert, sind diese Zahlen sehr, sehr erfreulich. Ganz klar ist auch, dass die Online-Anbieter von dieser Entwick- lung sehr profitiert haben.

NIKOLAUS KÜHBÖCK: Die Schallplatte war nie tot. Was den Secondhand Markt betrifft, ist es Co- ronabedingt etwas ruhig, diese Situation wird sich

aber nach der Pandemie wieder erholen. Der Neu- warenmarkt ebenso, dieser boomt zwar, aber leider nicht bei den österreichi- schen. Fachhändlern vor Ort in den Shops, sondern vor allem bei denen, die es am wenigsten mit Beratung und Wertschätzung ernst nehmen, wie Amazon & Co. Die Kunden haben eben zu Hause viel Zeit, sich mit vie- len Dingen intensiver aus- einander zu setzen, wie zB. auch mit Musik, dann wird eben auch gekauft - und weil man nirgendwo hingehen kann, eben online.

TILL PHILIPPI: Der Vinylmarkt boomt und Vinyl wird sich zu einer fixen Größe am Musikmarkt entwickeln – wenn auch immer noch eine Nische mit einem Marktanteil zwischen 10 und 15% was Neu- erscheinungen betrifft. Secondhand ist mittlerweile nicht nur bei Sammlern beliebt, sondern hat weite Teile der musikaffinen Bevölkerung (aller Alters- gruppen) in seinen Bann gezogen, wie wir in den letzten Jahren bei den Vinyl & Music Festivals feststellen konnten.

Wie beeinflusst der Online-Markt den Vinyl- Bereich?

WACKER: Natürlich haben die großen Online-An- bieter (wie Amazon und Co) auch im Vinyl Bereich 2020 massiv zugelegt, jedoch haben fast alle An- bieter auch in Österreich ihre Online-Plattformen, verbessert oder sich auf diese mehr konzentriert, speziell der Fachhandel hat das genutzt, um diesen Bereich nachzuschärfen, aber man kann trotzdem sagen, dass die Umsätze in diesem Bereich seit der Pandemie oder auch bei den strengen Lockdown- Zeiten sehr schwer umzusetzen sind. Das Click & Collect System (online bestellen und im Geschäft abholen) hilft diesbezüglich, aber die Menschen sind sehr vorsichtig geworden und lassen sich vieles per Post zustellen. Ein weiterer Umstand ist, dass vie- le Künstler ihre Alben verschieben, weil sie diese mit einer Konzerttour begleiten wollen und sie die wei- tere Entwicklung der Pandemie abwarten - und da sind die VÖ-Listen derzeit nicht sehr umfangreich. Auch die Umstände des Brexit werden da zukünftig im Live Segment massiv einen Einfluss haben.

KÜHBÖCK: Es gibt meiner Meinung nach sehr viel unnötiges Material, das neu gepresst wird, wo auch die Nachfrage nicht da ist. Schön ist aber auch, dass viele „neue“ Bands dazu tendieren, nicht nur CDs sondern auch vermehrt Vinyls anzubieten. Label gibt es ja auch in Österreich sehr viele kleine, sehr bemühte, wie zB. Konkord, Monkey oder Noise Ap- peal, um nur einige zu nennen und um eben nicht nur in elektronischer Form online verfügbar zu sein, gibt’s dann das Vinyl auch online.

PHILIPPI: Spannende Frage, ich persönlich denke, die Beiden gehen Hand in Hand und beeinflussen sich wechselseitig durchaus positiv.

Welchen Stellenwert hat Social Media - Vinyl Austria, Play Vinyl oder auch Austria Vinyl (Börsen) – für den heimischen Vinyl-Markt und deren Kunden?

WACKER: Gerade in diesem Bereich haben sich die Konsumenten in der Zeit der Pandemie und des Home Office viele Informationen geholt und auch dann die Produkte gekauft. Ich betreue seit sieben Jahren auf Facebook die Plattform Vinyl Austria 4800 Mitglieder als Administrator und helfe auch bei Play- vinyl mit 2.500 Mitgliedern (mit Walter Gröbchen und Georg Rosa) und Austria Vinyl mit 3.000 Mitglie- dern (Schallplatten Börsen, Siegfried Eigner) mit. Wir erreichen dadurch über 10.000 Vinyl-Fans und kön- nen wirklich alle Vinyl Sammler Informieren, gerade junge Vinyl-Fans kommen immer mehr dazu, aber auch die „Altspatzen“ trauen sich ins Digitale vor. Ich denke, dass man das noch auf 12.000 bis 15.000 Mitglieder ausbauen kann und bei Neuheiten und Secondhand-Vinyls schon eine starke Bindung mit den Vinylfans spürt. Ich habe auch gute Kontakte zu vielen Vinyl-Gruppen weltweit und da kann man gemeinsam auch was bewegen. Durch meinen Job als Goodtogo (Roughtrade, Grooveattack, Soulfood, (mit meiner Mutterfirma Believe) - Head of Sales & Rep. Development in Österreich kann ich beides sehr gut verbinden und das Segment Vinyl schon seit Jahren weiter pushen.

KÜHBÖCK: Zwecks Informationen und Erfahrungs- austausch einen sehr hohen. Wie bei jeder anderen Branche auch, ist aktive Präsenz im Social Media un- verzichtbar.

PHILIPPI: Den größten Impact hat Social Media wohl durch„Aufmerksamkeit generieren“ für Neues, bisher Unbekanntes und auch „Wiederentdeckungen“, abgesehen vom Gemeinschaftsgefühl. Selbi- ges gilt auch für Plattenbörsen. Hier kommt noch der Meinungsaustausch mit Gleichgesinnten als beson- deres Plus hinzu - in Zeiten wie diesen leider nicht.

Das ganze Interview finden Sie in der Februarausgabe des Film, Sound & Media


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